Hebammenzentrale ERH & ER – Zusammengefasste Evaluationsergebnisse

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Was ist die Hebammenzentrale ERH & ER

Logo der HebammenzentraleDie Hebammenzentrale für die Stadt Erlangen und den Landkreis Erlangen-Höchstadt wird durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert. Die Initiative, eine Hebammenzentrale auch für den Landkreis Erlangen-Höchstadt und die Stadt Erlangen einzurichten, ging von der zuständigen Gesundheitsregion plus Erlangen-Höchstadt & Erlangen  aus.
Neben berufspolitischer Netzwerkarbeit übernehmen die Koordinatorinnen der Hebammenzentrale die Vermittlung von Familien an eine Hebamme. Somit wird eine zentrale Plattform zur Verfügung gestellt, die für Hebammen und Familien gleichermaßen Entlastung bringen soll.
Die Universität Tübingen hat als wissenschaftliche Einrichtung die Beratung und Evaluation der Gesundheitsregion plus Erlangen-Höchstadt & Erlangen übernommen. Die Hebammenzentrale wurde in dessen Rahmen als eines von drei Modellprojekten der Gesundheitsregion plus genauer evaluiert.
Neben einer Analyse der Netzwerkarbeit der beiden Koordinatorinnen, wurden im Rahmen quantitativer Onlinebefragungen die Meinungen und Erfahrungen der Hebammen (N=43), sowie der Familien (N=410), die die Dienste der Hebammenzentrale nutzen oder genutzt haben, erhoben. In einer dritten Befragung sollte abgebildet werden, wie Pädiaterinnen und Pädiater und Gynäkologinnen und Gynäkologen (N=13) die Arbeit der Hebammenzentrale einschätzen.

Die Zentrale aus Sicht der Hebammen

 

Ergebnisse der Evaluation der HebammenzentraleDie Hebammen sollen durch das Aufgabenspektrum der Hebammenzentrale profitieren, indem sich der organisatorische Aufwand für die Abstimmung mit den Familien reduziert. Die Hebammen wurden daher gefragt, ob ihnen die Zentrale dabei hilft. die eigene Arbeit effektiver zu organisieren. Dies beantworteten 93% der Befragten mit Ja. Vor allem Themen rund um die Organisation und Vermittlung (Reduzierung eingehender Anfragen, höhere Planungssicherheit, Vermittlung von Familien in wohnortnähe, Vermeidung von Leerzeiten sowie bessere Organisation und Auslastung von Kursen) wurden als Gründe für eine effektivere Organisation angegeben. Die Hebammen, die keine Entlastung durch die Hebammenzentrale empfinden, bemängeln fehlende Leerzeiten, doppelte Anfragen durch Familien und die Hebammenzentrale sowie nicht genügend Vermittlungen durch die Hebammenzentrale. Der Zeitaufwand hat sich vor allem für die Fahrtzeiten zu den betreuenden Familien (42,9%) sowie für Veraltungsaufgaben (50%) reduziert. Der Zeitaufwand für Bereitschaftsdienste hat sich dagegen tendenziell erhöht (39,5%). Bezüglich des Qualitätsmanagements sowie der Leistungen im Rahmen des Hebammenvertrags ist der Zeitaufwand zu großen Teilen gleichgeblieben (siehe Abb. 1). Weitere Erleichterungen ergeben sich für die Hebammen bei der Belegung von Restplätzen (für 83,7% leichter geworden) sowie bei der Organisation einer Vertretungshebamme (für 60,5% leichter geworden). 61% aller befragten Hebammen haben angegeben, dass sich ihre Work-Life-Balance durch die Zentrale verbessert hat.

Ergebnisse der Evaluation der Hebammenzentrale

 

 

Die Hebammenzentrale aus Sicht der Familien

Die befragten Familien wurden am häufigsten (71,2%) über Empfehlungen auf die Hebammenzentrale aufmerksam. Hier wurden vor allem Gynäkolog*innen (56,7%), Hebammen (24,7%) und Freunde (15,8%) als relevante Multiplikatoren benannt, die auf die Dienste der Zentrale aufmerksam gemacht haben. Die Recherche über Suchmaschinen führte am zweithäufigsten (31,7%) zu den Diensten der Zentrale.
Die Befragungsdaten zeigen, dass sich fast ein Drittel (38,5%) nicht ausschließlich auf eine Vermittlung durch die Hebammenzentrale verlassen haben, und parallel selbst nach einer passenden Hebamme gesucht haben.
Die Kontaktaufnahme mit der Hebammenzentrale erfolgte in den allermeisten Fälle (80,9%) vor der Geburt um eine spätere Wochenbettbetreuung vermittelt zu bekommen. 49,5% der Befragten gaben an, sich bereits für die Vermittlung eines Geburtsvorbereitungskurses bei der Hebammenzentrale gemeldet zu haben.
Die befragten Familien wurden nach dem Ergebnis der Vermittlung befragt. In den meisten Fällen konnte erfolgreich an eine Hebamme vermittelt werden (90,9%). Der Bereitschaftsdienst wurde den Befragten in 10,3% der Befragten angeboten.
Befragt nach der Zufriedenheit mit den Leistungen, die über die Hebammenzentrale vermittelt werden, drückten 94,3% ihre Zufriedenheit aus. Der überwiegende Teil empfindet die Vermittlung von Kursen über die Zentrale als Entlastung (90,2%). 94,2% gaben an, dass die Suche über die Zentrale eine Erleichterung gewesen ist.
Zum Abschluss der Befragung wurden Fragen zur Organisation und Kommunikation gestellt. Die Beantwortung von Vermittlungsanfragen wurde überwiegend positiv bewertet. 93,6% haben angegeben, dass die Rückmeldung in einem zeitlich angemessenen Rahmen erfolgte. Lediglich 3,7% empfanden die Reaktionszeit als zu lang und 2,7% gaben an, dass sie gar keine Rückmeldung auf ihre Anfrage erhalten hätten. Insgesamt ist die Zufriedenheit mit der Arbeit der Hebammenzentrale sehr hoch (93,9 %). 96,3 % stimmen zu oder voll und ganz zu, die Hebammenzentrale weiterzuempfehlen.

Ergebnisse der Evaluation der Hebammenzentrale

Die Hebammenzentrale aus Sicht der Fachärztinnen und Fachärzte

Der Anteil von Gynäkologinnen/Gynäkologen und Pädiaterinnen/Pädiater, die sich an der Befragung beteiligt haben, war ziemlich ausgeglichen. Ein Großteil der befragten Ärztinnen und Ärzte  fühlt sich durch die Arbeit der Zentrale entlastet (76,9%). Dabei werden vor allem die Beratung und Betreuung, die durch die Hebammen geleistet werden, als großer Mehrwert empfunden. Durch die Vermittlungstätigkeiten der Zentrale werden die Familien besser mit Hebammen für die Nachsorge versorgt. Auf die Frage, ob das Angebot der Hebammenzentrale (werdende) Familien beruhigt, haben alle Befragten mit Ja geantwortet. Auch hier wird die Betreuung im Wochenbett, eine Ansprechperson außerhalb der Kliniken und Praxen zu haben, und die Klärung von Fragen als positiv benannt.

Fazit

Die Arbeit der Hebammenzentrale für den Landkreis Erlangen-Höchstadt und die Stadt Erlangen wird von allen befragten Gruppen gleichermaßen positiv aufgenommen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch die Einrichtung einer Hebammenzentrale alle Personengruppen gleichermaßen profitieren und entlastet werden. Die Hebammen profitieren neben der Vermittlung auch von berufspolitischer Netzwerkarbeit, die durch die beiden Koordinatorinnen betrieben wird. Verbesserungsbedarfe gibt es bei der Vermeidung doppelter Anfragen, die durch die Hebammenzentrale und durch die Familien direkt an die Hebammen herangetragen werden. Darüber hinaus gibt es den Wunsch, das Aufgabengebiet der Zentrale an einigen Stellen auszuweiten und weiterzuentwickeln. Ungefähr die Hälfte der befragten Ärztinnen und Ärzte wünschen sich weitere Informationen zur Hebammenzentrale.

 

Autorin und Autor:
Annika Frahsa
Prof. Dr. phil. Dipl.-Pol.
Professur für sozialräumliche Gesundheitssystemforschung
Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Lindenhof-Stiftungsprofessorin für sozialräumliche Gesundheitssystemforschung
Universität Bern
Annika.frahsa@ispm.unibe.ch

Tobias Fleuren
Arbeitsbereich Sozial- und Gesundheitswissenschaften des Sports
Institut für Sportwissenschaft
Eberhard Karls Universität Tübingen